Interview: Wenn Hühner im Tierschutz landen
Eigene Eier von glücklichen Hühnern - diesen Traum erfüllen sich zurzeit immer mehr Menschen. Doch bevor man sich Hühner anschafft, gibt es einiges zu bedenken.
Leider landen in den letzten Jahren immer mehr Hühner und Hähne in Tierheimen. Warum das so ist und worauf man als Hühnerhalter-Anfänger*in unbedingt achten sollte, erklärt uns der Tierschutzverein für Berlin.
Der Tierschutzverein für Berlin engagiert sich seit 1841 für Tierschutzthemen und betreibt das Tierheim Berlin: Europas modernstes und größtes Tierheim.
Hier werden aktuell täglich etwa 1.300 Hunde, Katzen, Kleintiere, Vögel sowie Exoten und auch sogenannte Nutztiere wie Hühner betreut.
Hier werden aktuell täglich etwa 1.300 Hunde, Katzen, Kleintiere, Vögel sowie Exoten und auch sogenannte Nutztiere wie Hühner betreut.
Ida Plus: Immer mehr Menschen begeistern sich für die Hühnerhaltung im eigenen Garten. Bekommen Sie im Tierschutzverein Berlin auch etwas von diesem Trend mit?
Tierschutzverein für Berlin: Ja, der Trend macht sich insofern bemerkbar, dass wir verstärkt Hühner aufnehmen müssen – ausgesetzte („gefundene“) oder auch sichergestellt über Veterinärämter.
Wir hatten zum Beispiel einen Fall, bei dem fünf Hühner sichergestellt wurden. Sie alle waren auf einem Balkon in einem Umzugskarton untergebracht. Aufgrund der schlechten Haltungsbedingungen haben sie sich gegenseitig verletzt, was natürlich sehr traurig ist. Doch bei uns konnten sie sich dann gut erholen.
In einem anderen Fall wurden sechs Hühnerküken ausgesetzt. Sie waren so klein, dass sie bei uns dann sogar noch unter die Wärmelampe mussten. Wir haben sie dann großgezogen und artgerecht untergebracht.
Ida Plus: Aus welchen Gründen werden Hühner wieder abgegeben?
Tierschutzverein für Berlin: In der Tat werden die meisten leider „gefunden“. Viele Tiere entlaufen. Teils beabsichtigt, teils können sie aufgrund einer unzureichenden Sicherung ausbrechen. Andere wiederum werden einfach ausgesetzt.
Ida Plus: Was sind die größten Herausforderungen im Zusammenhang mit der Hühnerhaltung im eigenen Garten?
Tierschutzverein für Berlin: Hühner sind sehr soziale Tiere, die unbedingt eine artgerechte Unterbringung brauchen. Sie haben genauso Bedürfnisse wie Hunde, Katzen oder andere beliebte Haustiere. Eine Herausforderung ist, dass man sie inzwischen auch mieten bzw. sehr einfach kaufen.
Werbeslogans wie ‚Huhn to Go‘ sollten mit Vorsicht genossen werden, da die Hühner natürlich nicht einfach wie ein Kaffee mitgenommen werden können, sondern eine artgerechte Unterbringung brauchen. Hühner brauchen nicht nur eine kleine Buchte und ein paar Körner. Sie gehören auch nicht in eine Mietwohnung oder auf einen Balkon. Sie brauchen Platz, eine Wiese, Sand zum Scharren und Beständigkeit. Hühner sind sehr soziale Tiere, die feste Gruppen mit Artgenossen schätzen.
Ida Plus: Worauf sollten Hühnerhalter-Anfänger achten?
Tierschutzverein für Berlin: Man sollte sich unbedingt im Vorfeld an fachkundige Stellen (Tierschutzvereine/ Tierheime) wenden und sich dort beraten lassen. Idealerweise können dort anschließend auch Hühner adoptiert werden.
Man kann Hühner anfangs auch mieten, solange eine artgerechte Unterbringung gewährleistet ist. Doch nur die wenigsten Stadtbewohner können das wirklich gewährleisten.
Darüber hinaus sollte man sich natürlich im Vorfeld über die Bedürfnisse der Tiere und wie eine artgerechte Unterbringung aussehen sollte, informieren.
Ida Plus: Vermitteln Sie abgegebene oder gefundene Hühner auch wieder?
Tierschutzverein für Berlin: Sehr gerne sogar. Hühner vermitteln sich meist allerdings besser als Hähne. Diese legen halt keine Eier und krähen, was Probleme mit den Nachbarn mit sich bringen kann. Sie sind für eine gesunde Hühnergruppe jedoch sehr wichtig.
Wer Hühnern oder vor allem auch Hähnen aus dem Tierheim Berlin ein artgerechtes Zuhause bieten möchte, findet auf www.tierschutz-berlin.de in der Tierdatenbank weitere Infos oder kann sich gern per Telefon oder Mail direkt bei den Tierpfleger*innen melden: 030 76 888-161 oder exotenhaus@tierschutz-berlin.de.
Ida Plus: Vielen Dank für das Interview und weiterhin alles Gute für Ihre Arbeit!
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